Aufforderung zu einer Entführung?

Vietnam fahndet seit diesem Freitag öffentlich nach den in Deutschland lebenden Trung Khoa Le (Berlin) und Nguyen Van Dai (Hessen). Ihnen wird „das Verbrechen der Herstellung, Speicherung, Verbreitung oder Weitergabe von Informationen, Dokumenten und Gegenständen gegen den Staat der Sozialistischen Republik Vietnam“ vorgeworfen. Gemeint ist also ihre publizistische Tätigkeit.

Den Behörden in Vietnam ist bekannt, dass beide Männer in Deutschland leben und dass Trung Khoa Le deutscher Staatsbürger ist. Dennoch veröffentlichen sie als Wohnsitz den letzten Wohnsitz der Männer in Vietnam und geben an, dass sie vietnamesische Staatsangehörige seien. Herr Le konnte bei der Einbürgerung in Deutschland 2024 seine vietnamesische Staatsangehörigkeit nicht ablegen, weil ihm die vietnamesische Botschaft in Berlin alle konsularischen Dienste verweigert. Er hat also beide Staatsangehörigkeiten.

Mit dem Fahndungsaufruf verstößt Vietnam gegen deutsches Recht. Denn sie schreiben: „Wer den Aufenthaltsort der Beschuldigten Nguyen Van Dai oder Le Trung Khoa ermittelt, ist berechtigt, diese unverzüglich festzunehmen und zur nächsten Polizeistation, Staatsanwaltschaft oder zum Volkskomitee zu bringen.“ Vietnam weiß aber, dass beide Männer in Deutschland leben. In Deutschland ist allein die deutsche Polizei berechtigt, Menschen festzunehmen. Vietnam ruft mit dem Aufruf Menschen auf, sich diesem Grundsatz des deutschen Rechtes zu widersetzen. Im Prinzip kann der Aufruf auch als eine Aufforderung zu einer Entführung gelesen werden. Denn wie sonst soll man die beiden Männer einer Polizeistation, Staatsanwaltschaft oder einem Volkskomitee übergeben? Ein Volkskomitee gibt es in Deutschland nicht einmal.

Die deutsche Polizei und das Auswärtige Amt sind über diesen Rechtsbruch informiert.